Luise Schenderlein
Veröffentlicht am 15.07.2022 (Aktualisiert am 14.04.2023)

Exklusives Dr. Flex Interview mit Hanka Schiebold

Die Klimaexpertin für die Praxis verrät Dr. Flex Ihre Top Tipps für eine erfolgreiche Praxiskultur

Mit Eröffnung einer Praxis ist der Kreis der Mitarbeitenden zumeist nur auf dich - den Arzt/die Ärztin - und ein paar vertraute Mitarbeiter beschränkt.

Wächst eure Praxis mit der Zeit, kommen mehr Patient:innen dazu, häufen sich die organisatorischen Aufgaben und nicht selten gelangt das Team damit an Belastungsgrenzen. Hält dieser Zustand länger an, kann großer Frust aufkommen. Aber wie kannst du verhindern, dass das Betriebsklima kippt und gleichzeitig alle Aufgaben hoch motiviert erledigt werden, jeder sein volles Potential ausschöpft und die Patient:innen zufrieden sind?

Wir von Dr. Flex möchten diese Fragen klären und haben eine Expertin für dieses Metier nach Tipps zum Thema befragt, um Antworten zu bekommen und Arztpraxen dabei zu helfen, das für sie passende Arbeitsklima zu finden.

Unsere Sachkundige Hanka Schiebold verfügt über mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung in der Beratung von Arztpraxen in den Bereichen Teammanagement und Praxisführung. Nachdem sie zuvor selbst 14 Jahre in verschiedenen Praxen arbeitete und so den Alltag hautnah miterleben durfte, sind ihr die Themen und Probleme in einer Arztpraxis bekannt.

Bei ihrer Arbeit in den Praxen erkannte sie immer wiederkehrende Muster. Aus ihrer Erkenntnis heraus hat sie sich 2006 mit der Idee selbstständig gemacht, nach funktionierenden Lösungen zu suchen und für Mitarbeiter:innen in Arztpraxen ein gutes Arbeitsklima zu schaffen. Hanka Schiebold hat ihr Interesse ausgeweitet und studiert mittlerweile Psychologie. Sie hat sich umfangreich im Bereich Coaching und Praxismanagement fortgebildet, um mit ihren Lösungen die optimale Organisation des Praxislebens zu schaffen.

Wir haben Hanka Schiebold gebeten, uns 5 Fragen zu beantworten, die euch dabei unterstützen sollen, das Arbeitsklima in eurer Praxis gesund zu halten, euer Team so zu führen, dass alle rundum zufrieden sind und eure Praxis zum "Place to be" für junge Talente zu machen.

Los geht's mit den Fragen:


Was sind die 3 wichtigsten Bestandteile eines gesunden Arbeitsklimas in einer Praxis und wie kann dieses erreicht werden?


1. Selbstwahrnehmung/Selbstführung des/der Inhabers/Inhaberin

Die Basis für ein gutes Praxisklima ist, dass der/die Praxisinhaber:in eine gute Selbstführung hat. Um die Ziele für eine eigene Praxis zu definieren, muss man sich zunächst einmal selbst gut kennen - wer andere führen möchte, muss sich selbst führen können. Ich muss wissen, in welchen Situationen ich mich wohl fühle, wie ich in Konfliktsituationen reagiere, wie ich “ticke”. Was sind meine “Kraftmomente”, um auch für mich sorgen zu können. All dies muss der/die Inhaber:in zunächst für sich selbst klären, um dann ein gutes Betriebsklima schaffen zu können.

2. Klar definierte Ziele

Als Inhaber:in muss ich wissen, wo ich als Praxis hin möchte und was mein Ziel ist, denn dementsprechend suche ich mir ja auch die Mitarbeiter:innen aus. Jeder kennt das vom Navi. Wir fahren auch nicht einfach los, setzen uns ins Auto und gucken, wo wir ankommen… Auf jeder Reise sollte man für sich ganz klar ein Ziel setzen - dementsprechend kann man danach auch effiziente Wege finden, um dieses Ziel erreichen zu können. Wie wir dahin kommen, das steht auf einem anderen Blatt, das Ziel muss aber immer klar sein.

3. Eine offene, transparente Kommunikation mit dem Team

Ich brauche eine Art "Feedbackkultur", in der Vertrauen herrscht und wo ein gesunder und offener Austausch miteinander stattfindet. In jedem Team, in jeder Organisation müssen die Mitarbeiter:innen sich sicher fühlen und Wünsche, Bedürfnisse und Vorschläge frei äußern können.

Wie motiviere ich meine Mitarbeiter:innen zu mehr Eigenverantwortung?

Wenn es darum geht, Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung zu motivieren, dann fange ich bei anderen Themen an. Ich kann niemanden von außen motivieren, sondern die Motivation steckt “in mir drin”, dies nennt sich intrinsische Motivation. Wenn diese geweckt ist, dann mache ich das als Mitarbeiterin von alleine - dann setze ich mich für meine Praxis ein und identifiziere mich auch mit ihr. Diese Identifikation und Motivation geht meiner Erfahrung nach größtenteils verloren, wenn Regeln und Absprachen nicht eingehalten werden und wenn das, was man nach außen hin kommuniziert, nach innen nicht gelebt wird.

Insofern ist auch da wieder mein Ansatz zu schauen, was für eine Wertekultur in der Praxis gelebt wird. Inwieweit werden eben die Ansagen, die Regeln, die Absprachen, die man in der Praxis getroffen hat, eingehalten und umgesetzt? Dann erst kommt die Mitarbeiterin ins Spiel. Welche Stärken hat sie, was macht sie gerne, wo kommt sie in den Flow?

Ich schaue, dass ich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Stärken-orientiert einsetze, dass sie so viel wie möglich auch in ihrer Wohlfühlzone sind, wo sie ihre Qualitäten auch wirklich auf die Straße bringen können. Für mich als Inhaber:in ist es dann wichtig, letztendlich auch klare Ansagen zu machen, wie ich die Arbeit erledigt haben möchte - klare Vorgaben, den Rahmen abzustecken und dann, im Vertrauen in die Mitarbeiter:innen, loslassen zu können.

Aus meiner Sicht hakt es da des Öfteren: dass man zu doll kontrolliert oder diesen Rahmen zu eng steckt. Und jeder kennt das sicherlich: wenn ich selber bestimmen kann, wie ich Dinge erledige, wann ich Dinge vielleicht auch erledige, zu welcher Zeit ich das tue - wenn mich das Umfeld dann zudem unterstützt - dann bringe ich Höchstleistung und dann habe ich Freude daran, dann komme ich auch in einen Flow. Als Mitarbeiter:in muss ich aber auch den Entscheidungsrahmen kennen - wann ich Entscheidungen treffen, wann ich Konsequenzen setzen, in welchem Rahmen ich mich bewegen darf.

Was ich aber trotzdem wichtig finde ist, dass der Inhaber/die Inhaberin genau weiß, was der/die Mitarbeiter:in da tut. Denn nur wenn ich das weiß und auch die Arbeit, die am Ende dabei letztendlich rauskommt, das Ergebnis begutachte - dann kann ich die Mitarbeiterin auch loben, weil ich weiß, was sie gemacht hat.

“Loben” ist auch ein Teil von Wertschätzung. Wertschätzung ist für mich auch, dass ich die Mitarbeiter:innen im Vertrauen delegieren und auf Arbeitsabläufe loslassen kann, aber eben auch eine gewisse Form von Kontrolle oder “Überblick behalten” habe. So, das sind so ganz gut die wesentlichen Punkte - wenn ich die anspreche, dann ist ein Mitarbeiter auch motiviert, sich für die Praxis einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen.

Das Regelwerk würde ich so beschreiben, dass dieses gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen erarbeitet wird - auch da kommt wieder Lego Serious Play ins Spiel. Wenn ich so ein Modell zum Beispiel habe, dann kann ich die Praxis mit den Werten “bauen” - jeder bringt sich mit seinem Modell ein. Jeder wird gehört und jedes Teammitglied bekommt ein Bild davon, was der andere zum Beispiel unter dem Wort “Patientenorientiertheit” versteht. Worte sind ja unterschiedlich belegt, mit unterschiedlichen Bedeutungen - da hat jeder seine eigene Begrifflichkeit und sein eigenes Verständnis dafür. Da finde ich gilt es, diese unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven zusammenzubringen und sich gemeinsam auf ein Regelwerk - sozusagen auf einen “Praxis-Knigge” - zu verständigen. Wenn ich den habe, dann ist für jeden auch klar, in welchem Rahmen er sich bewegt. Als Inhaber:in komme ich nicht drumherum, auch gewisse Dinge festzulegen und zu sagen: “Das möchte ich in meiner Praxis so haben."

Wie kann ich als Praxisinhaber das individuelle Potential meinen Mitarbeiter:innen entdecken und Entwicklung fördern?

Das ist manchmal gar nicht so einfach. Ich glaube in erster Linie gehört “Zeit” dazu: ein:e Inhaber:in, der/die sich die Zeit nimmt und sich mit dem/der Mitarbeiter:in beschäftigt und sie gemeinsam schauen, wo die individuellen Stärken liegen, worin sie sich wohlfühlen. Oft begegnet mir die Situation, dass Mitarbeiter:innen auf Plätzen sitzen, an denen sie die Aufgabe "gewonnen'' haben, weil irgendeiner diese ja erledigen muss.

Qualitätsmanagement ist ebenfalls ein Thema. Nicht jeder mag Zahlen, Daten, Fakten, Papiere und Formulare. Ich persönlich fühle mich da ganz wohl drin, ich weiß aber auch, dass es Mitarbeiter:innen gibt, die da nicht so affin sind. Da gilt es, mit Fingerspitzengefühl miteinander zu reden, um herauszufinden, was er/sie gerne mag, aber auch ein Feedback zu geben, was man von außen wahrnimmt. Oftmals sind dies die Qualitäten, die für jemanden alltäglich sind, die “normal” sind. Ein Außenstehender sieht diese Qualitäten und empfindet diese auch als “Qualität” - durch das Feedback von außen wird also dem/der Mitarbeiter:in sein/ihr Talent klar und es kann dadurch noch bewusster im Praxisalltag eingesetzt werden.

Dies sorgt auf der einen Seite für die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen, auf der anderen Seite unterstützt es den Erfolg der Praxis. Insofern kann ich als kleinen Tipp geben, dass sich die Inhaber:innen mit den Mitarbeitern zusammensetzen sollen! Nehmt euch Zeit für Feedback und fordert eure Mitarbeiter:innen ganz klar auf zu benennen, wo sie sich wohlfühlen, welche Tätigkeit ihnen liegt. Was brauchen sie als Umfeld, um gute Arbeit zu leisten? Damit habe ich schon einen Ansatzpunkt gefunden, an dem ich im Alltag immer wieder mal Schleifen drehen und fragen kann: “Sind wir auf dem richtigen Weg?”, ”Fühlst du dich wohl mit der Arbeit, die du da tust?” oder, beispielhaft: “Wir möchten die Praxis weiterentwickeln. Wir sehen, dass du super mit Kindern umgehen kannst. Möchtest du die Kinderprophylaxe übernehmen?”

Für so etwas ist dieses Miteinander eben sehr, sehr gut. Und ja, jetzt muss ich wieder auf Lego Serious Play kommen, welches ich auf Teambuilding-Workshops einsetze: ich lasse damit unter den Mitarbeiter:innen Modelle bauen, die die jeweiligen Qualitäten der Anderen darstellen. Zum einen wird hierbei den Mitarbeiter:innen selbst deutlich, worin die Kolleg:innen in ihm/ihr Qualitäten sehen, zum anderen wird die Komplexität einer jeden Persönlichkeit gleichzeitig für alle sichtbar. Ich kann mithilfe des Modells feststellen, wohin jeder dieser Mitarbeiter:innen in die Praxis passt und jede:r einzelne Mitarbeiter:in findet diesen - im Commitment mit den anderen - dann auch.

Aber wir unterhalten uns ja über “Menschen” und nicht nur über positive Eigenschaften - manchmal tauchen da dann eben auch Eigenschaften auf, die auf den ersten Blick “negativ” erscheinen. An jeder “negativen” Eigenschaft gibt es aber dennoch auch etwas, was unterstützend auf die Praxis wirken kann. Arbeitet beispielsweise jemand sehr konzentriert und wirkt dadurch abwesend, kann er mit dieser Konzentriertheit gleichzeitig zum Beispiel sichern, dass die Praxis vernünftig abrechnen kann - weil die Konzentration zu 100 % auf der Abrechnung liegt. Aus den Stolpersteinen können demnach Qualitäten herausgefiltert und Verbesserungspotential erkannt werden, um Prozesse anders zu gestalten - vermeintlich negative Eigenschaften können dann letztlich als “für die Praxis wertvoll” wahrgenommen werden.

Was sind die wichtigsten Prozesse, die eine moderne Praxis Ihrer Meinung nach anschauen, ggf. optimieren sollte?

Ich finde, “Verbesserung” geht irgendwie immer. Das Leben ist ja auch eine Entwicklung und so entwickelt sich auch eine Praxis immer ein Stück weiter - allein schon durch die Digitalisierung und durch die Menschen, welche sich eben auch verändern, durch den Generationswechsel und so weiter. Insofern kann ich gar nicht so pauschal sagen, welche Prozesse im Einzelnen optimiert werden sollten, für mich ist es vielmehr so eine Art Dreiklang.

Wo will die Praxis entsprechend ihrer Kultur hin, was trägt sie als Unternehmen und die untergeordneten Strukturen, die ich diesen anderen beiden Dingen so ein bisschen anpasse?

Und ja, wenn du mich nach “Struktur” fragst, dann ist da für mich ganz klar “Qualitätsmanagement” ganz wichtig. Mit diesem vermeintlich ungeliebten Qualitätsmanagement meine ich: “Qualität managen''. Gerade in dem ich Regelungen und Absprachen treffe, schaffe ich für die Mitarbeiter:innen einen verbindlichen Rahmen, in dem die Arbeit auch optimal erledigt werden kann.

Setze ich zum Beispiel jemanden von der Buchhaltung in eine Atmosphäre mit sehr viel Publikumsverkehr, wird er nicht zu Höchstleistungen gelangen können, weil dort immer Ablenkung herrscht und Reaktionen erforderlich sind. Durch entsprechende Rahmenbedingungen gebe ich Verhaltenssicherheit, was wiederum eine gewisse Lockerheit auch im Alltag mit sich bringt. Dieses "Über-den-Tellerrand-Gucken'', das sorgt dafür.

Für mich ist Qualitätsmanagement auch immer eine Form von Konfliktprävention, auch im Sinne dessen, dass eine Feedback-Kultur herrscht, in der jedem/jeder klar ist, dass Fehler gemacht werden dürfen. Fehler sind nicht per se schlecht, aus Fehlern lernt man - Fehler geben uns letztendlich die Rückmeldung, dass irgendwas noch nicht so optimal läuft. Man kann konstruktiv mit Fehlern umgehen! Auch das ist ein Teil des Qualitätsmanagements: wenn ich weiß, wie ich mit Fehlern umgehen kann, wie darüber gesprochen wird, dann vermeide ich im Vorfeld auch Konflikte.

Was wollen Sie den Praxen zum Schluss noch “mit an die Hand geben”?

Als Fazit möchte ich den Praxisinhabern gerne mitgeben: “Traut euch, Persönlichkeit zu zeigen, traut euch, menschlich zu sein, traut euch, konsequent zu sein und traut euch, euch für die Punkte, die ihr verbessern möchtet, Unterstützung zu holen - einen Begleiter auf den Weg mitzunehmen, der euch persönlich unterstützen kann, der aber auch das Team unterstützen kann und der euch von außen Feedback geben kann über Dinge, die vielleicht zu optimieren sind, aber auch Dinge, die schon super laufen.” (Denn das kommt eben auch oft zu kurz, dass man die Erfolge, die man schon hat, auch feiert.)

Ich freue mich über jeden Praxisinhaber, jede Praxisinhaberin, die für Veränderungen offen sind und sich auf den Weg machen!


Habt ihr ein paar Tips für ein gutes Arbeitsklima in eurer Praxis mitnehmen können?

Wir freuen uns, wenn ihr ein paar der Informationen von Frau Schiebold nutzt, um vielleicht durch ein geändertes Verhalten - sowohl von euch als Führungskraft als auch von euren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen - die Stimmung am Arbeitsplatz zu verbessern. Das Wissen von Frau Schiebold kann durch einen besseren Ablauf die Produktivität fördern und steigern und dies letztlich einen sehr positiven Beitrag auf eure Mitarbeiterzufriedenheit haben.

Folgt @hankaschiebold.coach auf Instagram und erfahrt Hilfreiches über Kommunikation an eurem Arbeitsplatz, bekommt Tipps und Informationen zum Thema für euer Praxismanagement.

Wollt ihr ein paar "Hinter-den-Kulissen"-Videos aus dem Interview sehen? Schaut auf unseren Instagram-Kanal @drflexbooking vorbei.

Was ist Dr. Flex?

Die Dr. Flex Online-Terminvergabe ist die perfekte Ergänzung zu Ihrer Praxissoftware. Sie sparen Zeit und Ihre Patient:innen können Termine schnell und einfach online buchen.

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